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Landau Theorie der Phasenumwandlung von Membranen

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Appendix 10 A: Landau-Theorie der Phasenumwandlung von Membranen

Vorbemerkung

Vorbemerkung: Um Einblick in die thermodynamischen aber auch strukturellen Eigenschaften von Lipidschichten zu erhalten, ist die klassische Landau-Theorie immer noch sehr hilfreich; Vor allem für den Experimentator. Sie liefert Vorschriften zur Untersuchung der Ordnung der Phasenumwandlungen oder zur Messung physikalischer Eigenschaften der Membranen. Außerdem gibt sie Einblick in die durch Lipide vermittelte Protein-Protein-Wechselwirkung oder ermöglicht Abschätzungen der Wirkung lokaler Fluktuationen des Ordnungsparameters. Jedoch versagt sie bekanntlich bei kritischen Phänomenen, die wir nur kurz betrachten werden.

Ausgangspunkt der Landau-Theorie (s. Landau und Lifschitz, Band V) ist die Entwicklung der freien Enthalpie in Potenzreihen eines geeigneten temperatur- und druckabhängigen Ordnungsparameters LaTeX: \eta (\pi ,T)

LaTeX: 
G(\pi , T , \eta)=G_0 + \sum_n A_n (\pi , T) \eta^n+\frac{1}{2} \beta (\pi , T) \nabla \eta^2            (10A.1)

LaTeX: G_0 ist die freie Energie der Phase mit der niedrigeren Symmetrie, d.h. in unserem Fall der LaTeX: L_\alpha -Phase. Der letzte Term mit LaTeX: \nabla \eta^2 ist notwendig, um Effekte der Grenzflächen zwischen zwei Lipidphasen zu behandeln oder die lipidvermittelte Wechselwirkung zwischen Proteinen zu beschreiben (s. § 9-11).

Die Wahl des Ordnungsparameters hängt von der Fragestellung ab.

- Zur Beschreibung der Phasenumwandlungen ohne Änderung der Neigung der Lipide benutzt man den mittleren Ordnungsgrad S der Gl. #eq:10A.1.

- Um die kollektive Neigung der Ketten (z. B. in der LaTeX: L_\beta'-Phase oder in der Umgebung von Proteinen) zu berücksichtigen, wird der Ordnungsparameter: LaTeX: \Omega ( \vec{r} ) =\Theta ( \vec{r} ) \Theta_0

eingeführt, wobei LaTeX: \Theta(\vec{r}) bzw LaTeX: \Theta_0 die Neigungswinkel in den Phasen niedrigerer bzw. höherer Symmetrie sind.

- Um Änderungen der Symmetrie der lateralen Ordnung zu berücksichtigen, benutzt man normalerweise die laterale Dichte LaTeX: \rho(\vec{r}). Es ist jedoch auch oft günstig, LaTeX: \rho(\vec{r}) durch die reduzierte Fläche pro Molekül zu ersetzten (J. C. Owicki, M. W. Springgate, and H. M. McConnell (1978), Proc. Natl. Acad. Sci. USA 75, 1616).

LaTeX: {{anchor|eq:10A.2}}
 \eta(\vec{r})=\frac{A(\vec{r}-A_f}{A_f-A_c}            (10A.2)

wobei LaTeX: A(\vec{r}) die molekulare Fläche pro Lipid in einem Zwischenzustand und LaTeX: A_c bzw. LaTeX: A_f die entsprechenden Werte in der kristallinen (niedrige Symmetrie) bzw. fluiden Phase ist.

Alternativ kann man schließlich auch die Dicke der Membran als Ordnungsparameter nehmen. Die einfachste Bedingung für das Auftreten einer Phasenumwandlung ist der Umschlag des quadratischen Terms (in der Summe) von einem positiven zu einem negativen Wert, und zwar bei einer Umwandlungstemperatur T*. Daher macht man den Ansatz:

LaTeX:  A_2= a(T-T^*)           (10A.3)

Man hat nun zwei Situationen:

- Falls LaTeX: A_4 > 0 und alle höheren Terme verschwinden, hat die G-LaTeX: \eta -Kurve nur ein Minimum. Dieses liegt für LaTeX: T > T^* bei LaTeX: \eta  = 0 (Zustand höherer Symmetrie) und für LaTeX: T < T^* bei LaTeX: \eta_0 = \sqrt{\frac{A_2}{2A_4}}. Die Umwandlung ist kontinuierlich, d.h. von zweiter Ordnung.

- Falls LaTeX: A_4 < 0 ist, benötigt man einen Term 6. Ordnung (um LaTeX: G (\eta ) positiv zu halten). Wie Abb. \ref{fig:10.A.1} zeigt, gibt es zwei Umwandlungstemperaturen: LaTeX: T_t und LaTeX: T^*. Bei LaTeX: T = T_t sind die Minima (von denen eines bei LaTeX: \eta  = 0 liegt) gleich tief, und man befindet sich im Zentrum der Umwandlung. Bei LaTeX: T < T_t ist die Phase niedriger Symmetrie stabil.

Allerdings muss der Übergang aktiviert werden und ein spontaner Übergang erfolgt erst bei LaTeX: T = T^*. Die Umwandlung besitzt somit eine Hysteresis (s. Abb. #fig:10.A.1), und es gibt Koexistenz zweier Phasen.

10 A 1.png
a) Darstellung der Landau-Entwicklung der freien Energie (nach Gl. (10.4)) mit Term zweiter, vierter und sechster Ordnung. Definition der beiden Umwandlungstemperaturen LaTeX: T_t und LaTeX: T^*. b) Phasenumwandlung der Lipidmonofilme (hier DMPC) an der Luft/Wasser-Grenzfläche dargestellt als Dichte-Temperatur-Diagramm für verschiedene laterale Drücke. Die Geraden m - m' markieren die Hauptumwandlung. Die Abnahme ihrer Breite mit zunehmendem Druck zeigt den Umschlag von einer Umwandlung erster zu einer Umwandlung zweiter Ordnung. Da sich die Symmetrie beim Übergang ändert, handelt es sich um einen trikritischen Punkt. Wir wollen nun die LaTeX: L_\alpha \rightarrow   L_{\beta '} Lipidphasenumwandlung ausführlicher betrachten. Um der kollektiven Neigung der Lipide in der LaTeX: L_{\beta '}-Phase Rechnung zu tragen, müssen wir zwei Beiträge zur freien Energie berücksichtigen.


- Eine Entwicklung als Funktion des Unterschiedes in der lateralen Dichte

LaTeX: \Delta G_\rho(\pi,T,\rho)=\frac{1}{2}a(T-T*)\rho^2+\frac{1}{2}A_4(\pi,T)\rho^4+\frac{1}{6}A_6(\pi,T)\rho^6 )           (10A.4)

- Eine Entwicklung als Funktion der Änderung im Neigungswinkel LaTeX: \theta und ein Kopplungsterm zwischen LaTeX: \rho und LaTeX: \theta gemäß:

LaTeX:  \Delta G_{\theta , \rho}(\pi,T,\rho)=\frac{1}{2}K_{11}( \theta_\beta  - \theta_\alpha )^2+C(\pi,T)\rho^2( \theta_\beta - \theta_\alpha)             (10A.5)

Der erste Term gibt die Arbeit an, die nötig ist, um die Kettenorientierung lokal zu ändern (z. B. von LaTeX: \theta =0 um den Neigungswinkel der Ketten). Daher ist LaTeX: K_{11} gleich dem elastischen Modul der Auffächerung (= Splay-Modul) der Lipidorientierung.

Aus den beiden Beiträgen zur Gesamtenergie LaTeX: G_\rho und LaTeX: G_{\theta , \rho}   kann man den Ordnungsparameter LaTeX: \Omega eliminieren, und zwar durch Minimalisierung der Gesamtenergie (LaTeX: G = G_\rho + G_{\theta , \rho}   ). Eine einfache Rechnung liefert:

LaTeX: \Delta G(\pi,T)=\frac{1}{2}a(T-T*)\rho^2+\frac{1}{4}(A_4- \frac{2t^2}{K_{11}}\rho^4+\frac{1}{6}A_6\rho^6             (10A.6)

Das entscheidende Ergebnis ist: der Term vierter Ordnung erhält einen negativen Beitrag. Dies hat zwei sehr wichtige und interessante Konsequenzen:

1) LaTeX: K_{11} und LaTeX: t hängen beide vom lateralen Druck in der Membran ab, aber in verschiedener Weise. Es ist klar, dass LaTeX: K_{11} mit zunehmender Dichte LaTeX: \rho (bzw. LaTeX: \pi ) zunimmt. Dagegen nimmt der Kopplungsterm LaTeX: t ab, denn wenn LaTeX: \rho zunimmt, wird der Dichteunterschied bei der Hauptumwandlung kleiner. Dies hat zur Folge, dass bei kleinen Drücken der Term vierter Ordnung negativ wird (LaTeX: K_{11} ist klein). Daher ist ein Term sechster Ordnung nötig, und die Umwandlung ist erster Ordnung. Bei großen Werten von wird LaTeX: A_4 positiv und die Umwandlung wird von zweiter Ordnung.

Tatsächlich wurde dieser Wechsel in der Ordnung der Umwandlung bei Monoschichten beobachtet, wie Abb. #fig:10.A.1 zeigt. Ähnliche Umschläge von erster zu zweiter Ordnung mit zunehmendem Druck wurden auch in nematisch-smektisch A-Übergängen beobachtet, sowie beim Übergang ferromagnetisch-paramagnetisch, wobei man auch vom Rodbell-Bean-Effekt spricht (s. Albrecht, et.al. (1978) Journal de Physique. 39, 301). Ohne Landau-Theorie könnte man solche Umschläge in der Ordnung der Umwandlung nicht verstehen.

2) Ein weiterer Vorteil der Landau-Theorie ist, dass die Entwicklungskoeffizieten LaTeX: A_n gemessen werden können. So erhält man das Verhältnis LaTeX: \frac{a^2}{A_4} aus dem Sprung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten oder der lateralen Kompressibilität bei der zweiter Ordnung Umwandlungen (s. Albrecht et al., 1978).

Falls LaTeX: A_4, LaTeX: A_6 und LaTeX: t nicht stark von der Temperatur abhängen, kann man den Koeffizienten LaTeX: a direkt aus der Übergangswärme LaTeX: \Delta H_t und der Änderung der Dichte LaTeX: \Delta \rho_t bestimmen, gemäß:

LaTeX:  a=\frac{\partial \Delta G}{\partial T}=\frac{2 \Delta H_t}{T_m \Delta \rho^2_t}