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Lösungen Kapitel 27

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Aufgabe 27.1:

Warum rollen die weißen Blutzellen auf den Wänden der Adern?

Im klassischen Bild des Blutflusses nimmt man an, dass dieser dem Hagen-Poisseulle Gesetz für Newtonsche Flüssigkeiten gehorcht. Dieses beschreibt den hydrodynamischen Fluß durch ein Rohr. Das Strömungsprofil hat eine parabolische Form LaTeX: u(r)= \frac{1}{4\eta}(a^2-r^2)\frac{dp}{dx}, wobei LaTeX: \frac{dp}{dx} der Druckgradient ist. Das pro sec durch das Rohr fließende Volumen ist LaTeX: \frac{dV}{dt}=2\pi\int_0^aur dr=\frac{\pi a^4}{8\eta}\frac{dp}{dx}.

Die Untersuchung des Blutflusses hat eine lange Tradition und zahlreiche Experimente führten zum folgenden Schluss. Bei sehr hohen Scherraten verhält sich Blut tatsächlich wie eine Newtonsche Flüssigkeit. Für sehr geringe Scherraten fließt Blut jedoch überhaupt nicht. Wahrscheinlich weil die Zellen geldrollenartige Aggregate (sog. Rouleaux) bildet. Daher besitzt Blut eine kritische Scherspannung oberhalb der es fließt und verhält sich bei kleinen Scherraten nicht mehr wie eine Newtonflüssigkeit. Aus diesem Grund wird das Geschwindigkeitsprofil in Abb. 1a im Bereich des Zentrums abgeflacht. Eine ausführliche Darstellung findet man in der Monographie von Y. C. Fung [1].

27 1 neu.png

Wenn die Zellen in die Nähe der Oberfläche kommen, wo LaTeX: \frac{dv_x}{dy} hoch ist, so unterliegen Sie einem Drehmoment und beginnen zu rotieren (s. Abb1b). Dadurch wird die Geschwindigkeit an der zum Zentrum zeigenden Seite erhöht und an der zur Oberfläche zeigenden erniedrigt. Nach der Bernoulli-Gleichung ist die Summe aus statischem Druck p und dem dynamischen Druck konstant:

LaTeX: \frac{v^2}{2}+\frac{p}{\rho}=const

Aus diesem Grund entsteht an der Unterseite der Zellen ein Überdruck der diese zum Zentrum (r=0) treibt. Man nennt dieses Phänomen Magnuseffekt. Dieser hat physiologisch wichtige Konsequenzen. Alle Zellen (auch die weißen Blutzellen) werden zum Zentrum der Adern getrieben. Dies ist im Falle der Erythrozyten von Vorteil, da dadurch der Kontakt mit den Endothelzellen vermieden wird. Dadurch wird die Bildung von Clustern aus denaturierten roten Blutzellen vermieden, welche durch Bildung von Blutpropfen zu lebensgefährlichen Thrombosen führen können.

Im Gegensatz dazu müssen die an der Immunantwort beteiligten Lymphozyten dicht an der Oberfläche des Endotheliums entlang laufen, um die von aktivierten Zellen ausgesandten Zytokine schnell zu erkennen. Diese werden über die Zelladhäsionsmoleküle (ZAM) der Selektin-Familie an die Endothelzellen angeheftet. Die Selektine binden selektiv an Glykoproteine mit Lewis-X-Oligosacchariden. Die nahezu kugelfömigen Lymphozyten bilden zahlreiche Ausstülpungen an deren Spitze sich die Selektine ansammeln: Dies kann man durch Markierung der Selektine mit Antikörpern und der Beobachtung von Dünnschnitten mittels Elekronenmikroskopie feststellen (s. Abb. 2 links). Man kann die Ausstülpungen der Blutzelle durch Federn ersetzen und die rollende Bewegung berechnen wie von Hammer und Apte [2] gezeigt wurde. Der interessierte Leser wird auf die Orginalliteratur verwiesen.


Aufgabe 27.1:

Warum rollen die weißen Blutzellen auf den Wänden der Adern?

Im klassischen Bild des Blutflusses nimmt man an, dass dieser dem Hagen-Poisseulle Gesetz für Newtonsche Flüssigkeiten gehorcht. Dieses beschreibt den hydrodynamischen Fluß durch ein Rohr. Das Strömungsprofil hat eine parabolische Form LaTeX: u(r)= \frac{1}{4\eta}(a^2-r^2)\frac{dp}{dx}, wobei LaTeX: \frac{dp}{dx} der Druckgradient ist. Das pro sec durch das Rohr fließende Volumen ist LaTeX: \frac{dV}{dt}=2\pi\int_0^aur dr=\frac{\pi a^4}{8\eta}\frac{dp}{dx}.

Die Untersuchung des Blutflusses hat eine lange Tradition und zahlreiche Experimente führten zum folgenden Schluss. Bei sehr hohen Scherraten verhält sich Blut tatsächlich wie eine Newtonsche Flüssigkeit. Für sehr geringe Scherraten fließt Blut jedoch überhaupt nicht. Wahrscheinlich weil die Zellen geldrollenartige Aggregate (sog. Rouleaux) bildet. Daher besitzt Blut eine kritische Scherspannung oberhalb der es fließt und verhält sich bei kleinen Scherraten nicht mehr wie eine Newtonflüssigkeit. Aus diesem Grund wird das Geschwindigkeitsprofil in Abb. 1a im Bereich des Zentrums abgeflacht. Eine ausführliche Darstellung findet man in der Monographie von Y. C. Fung [1].

27 1 neu.png

Wenn die Zellen in die Nähe der Oberfläche kommen, wo LaTeX: \frac{dv_x}{dy} hoch ist, so unterliegen Sie einem Drehmoment und beginnen zu rotieren (s. Abb1b). Dadurch wird die Geschwindigkeit an der zum Zentrum zeigenden Seite erhöht und an der zur Oberfläche zeigenden erniedrigt. Nach der Bernoulli-Gleichung ist die Summe aus statischem Druck p und dem dynamischen Druck konstant:

LaTeX: \frac{v^2}{2}+\frac{p}{\rho}=const

Aus diesem Grund entsteht an der Unterseite der Zellen ein Überdruck der diese zum Zentrum (r=0) treibt. Man nennt dieses Phänomen Magnuseffekt. Dieser hat physiologisch wichtige Konsequenzen. Alle Zellen (auch die weißen Blutzellen) werden zum Zentrum der Adern getrieben. Dies ist im Falle der Erythrozyten von Vorteil, da dadurch der Kontakt mit den Endothelzellen vermieden wird. Dadurch wird die Bildung von Clustern aus denaturierten roten Blutzellen vermieden, welche durch Bildung von Blutpropfen zu lebensgefährlichen Thrombosen führen können.

Im Gegensatz dazu müssen die an der Immunantwort beteiligten Lymphozyten dicht an der Oberfläche des Endotheliums entlang laufen, um die von aktivierten Zellen ausgesandten Zytokine schnell zu erkennen. Diese werden über die Zelladhäsionsmoleküle (ZAM) der Selektin-Familie an die Endothelzellen angeheftet. Die Selektine binden selektiv an Glykoproteine mit Lewis-X-Oligosacchariden. Die nahezu kugelfömigen Lymphozyten bilden zahlreiche Ausstülpungen an deren Spitze sich die Selektine ansammeln: Dies kann man durch Markierung der Selektine mit Antikörpern und der Beobachtung von Dünnschnitten mittels Elekronenmikroskopie feststellen (s. Abb. 2 links). Man kann die Ausstülpungen der Blutzelle durch Federn ersetzen und die rollende Bewegung berechnen wie von Hammer und Apte [2] gezeigt wurde. Der interessierte Leser wird auf die Orginalliteratur verwiesen.

Abb. 2: Links: Oberflächenprofil der auf Oberfläche der Endothelzellen rollenden Granulozyten. Rechts Modell der Zelle nach Hammer und Apte [2].

Referenzen:

1 Y.C. Fung. Biomechanics Springer Verlag New York 2004

2 Hammer, DA. and Apte, SM.(1992) Simulation of cell rolling and adhesion on surfaces in shear flow:general results and analysis of selectin-mediated neutrophil adhesion. Biophysical J. 63: 35-57